Änderungen bei der Namensgebung
Der deutsche Gesetzgeber bestimmt ab sofort, dass das Wort „Casino“ nur noch für Spielbanken verwendet werden darf. Daher benannte sich beispielsweise das Regent Casino in Regent Play um. Was bisher ein Online-Casino war, wird ab dem 15.10.2020 zum Beispiel eine Online-Spieleplattform oder Online-Spielothek sein. Diese Änderung gilt als vergleichsweise harmlos.
Vernetzung der Spielerkonten
Die Spielerkonten aller Online-Spieleplattformen (um bei diesem Begriff zu bleiben) müssen künftig über einen Zentralserver laufen. Damit kann ein Spieler wegen eines Selbst- oder Fremdausschlusses, eines Cool-Downs oder Verlustlimits nicht mehr auf eine andere Plattform ausweichen. Der deutsche Staat will auf diese Weise offenkundig auch mehr Daten sammeln, um das Glücksspiel besser bewerten zu können. Die Regelung darf hinsichtlich des Datenschutzes hinterfragt werden.
Panikknopf
Die Plattformbetreiber müssen künftig einen Panikknopf anbieten. Ein Spieler, der für sich selbst ein schlechtes Gefühl hat, weil er sein psychologisches Limit überschreitet, kann sich mit einem Mausklick kurzzeitig (24 h) vom gesamten Glücksspiel ausschließen. Durch die Vernetzung der Konten auf einem Zentralserver gilt das dann für alle Plattformen.
Verlustlimit von 1.000 Euro pro Monat
Ebenfalls über den Zentralserver wird künftig ein Verlustlimit von einheitlich 1.000 Euro pro Spieler und Monat festgesetzt. Die Regelung gilt als umstritten, weil ein Verlust relativ zum Einkommen eines Spielers zu betrachten ist. Doch der deutsche Gesetzgeber wollte eine einfache Regelung, die mit dieser Marke erreicht wurde. Es gibt auch Ausnahmen für vermögende Personen. Wer den entsprechenden Nachweis hoher Liquidität und/oder eines sehr hohen Einkommens erbringen kann, darf das Limit in zwei Stufen auf 10.000 und 30.000 Euro erhöhen. Diesen Standard gibt es auch in anderen EU-Staaten.
Wegfall von Demospielen ohne Anmeldung
Die Betreiber dürfen ab sofort nur noch registrierten Spielern Demospiele anbieten. Bislang standen Demoversionen auch ohne Anmeldung/Verifizierung zur Verfügung.
Vereinfachte freiwillige Aufnahme in die Sperrkartei
Schon bislang konnten sich Spieler, die bei sich selbst ein Suchtproblem feststellten, freiwillig vom Spiel ausschließen. Sie hatten dann keinen Zugang mehr zu derjenigen Plattform, auf der sie für sich diese Sperre eingerichtet hatten. Durch den Zentralserver wurde diese Sperre nun für alle Plattformen stark vereinfacht. Allerdings ist das eine rein technische Maßnahme, die den Spieler nur von den Online-Spieleplattformen ausschließt. Natürlich können sie weiter Lotto spielen oder auch in eine Spielbank vor Ort (künftig das echte „Casino“) gehen. Wie schon oben erwähnt gibt es Datenschutzbedenken wegen des Zentralservers.
Maximaler Einsatz von einem Euro bei Spins
Auf die Spins konnte man bislang auf einigen Plattformen bis zu 50 Euro setzen. Diese Einsätze werden künftig auf einen Euro begrenzt. Diese Einschränkung gilt als sehr restriktiv und wird von den Betreibern und den meisten Spielern bedauert. Nach Branchenschätzungen sind mehr als 50 Prozent aller Spieler davon betroffen.
Zeitliche Vorgabe für die Dauer von Spins
Bisher waren auch sehr schnelle Turbospins von ein bis zwei Sekunden möglich. Das soll es nicht mehr geben: Jede Drehung soll am Automaten ab sofort mindestens fünf Sekunden dauern. Auch wird das gleichzeitige Spiel an verschiedenen Automaten unterbunden.
Verbot von Jackpot-Slots
Jackpot-Slots, die eine große Anziehungskraft auf die Spieler ausüben, werden künftig verboten. Man vermutet, dass sie für süchtige Spielern einen Trigger darstellen. Auch an diesem Verbot gibt es viel Kritik, denn immerhin führt das Knacken eines Jackpots ja auch zu einem großen Gewinn. Es ist das Salz in der Suppe des Glücksspiels.
Verbot der Bankhalterspiele im Live-Casino
Auch dieses Verbot löst großes Bedauern aus. Die klassischen Casinospiele mit einem Croupier oder Dealer gibt es künftig nur noch in einer echten Spielbank vor Ort. Die Online-Spieleplattformen dürfen sie nicht mehr anbieten. Eine einzige Ausnahme von dieser Regelung betrifft das Auto-Roulette, es bleibt weiterhin erlaubt. Experten fragen sich, was diese Regelung mit dem Schutz für süchtige Spieler zu tun haben soll.
Ändern sich die Gewinnchancen durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag?
Dieser Punkt muss mit gegenwärtigem Stand (14. Oktober 2020) als unklar gelten. Bislang sind die Ausschüttungsquoten der Online-Spieleplattformen mit bis zu 96 % sehr hoch. Durch die vielen neuen Restriktionen mit schmaleren Renditen könnten die Betreiber sie absenken. Das würde die Attraktivität von Onlineangeboten deutlich senken.
Keine Änderung beim Mindestalter
Das bisherige gesetzliche Mindestalter von 18 Jahren für die Teilnahme am Glücksspiel - egal ob online oder in der Spielbank vor Ort - wird nicht angetastet.
Spiele von etablierten Anbietern
Die Hersteller von Automatenspielen dürften ihr Angebot nicht reduzieren, sondern eher ausweiten und auch mit eigenen Online-Spielotheken an den Start gehen.
Bezahlmethoden
An den Bezahlmethoden ändert sich wohl nichts. Es wird weiterhin PayPal, VISA, weitere Kreditkarten und auch eWallets geben, mit denen Ein- und Auszahlungen möglich sind. Des Weiteren soll es keine Einschränkungen für Innovationen wie Apple Pay oder Google Pay geben. Solche international etablierten Anbieter wickeln ihre Zahlungen im Inland des jeweiligen Kunden ab. Das bedeutet: Wer sich für die richtige Zahlmethode entscheidet, hat sein Geld auch schnell auf dem Konto.
Verbraucherschutz und Beschwerdestelle
Da gerade das Online-Glücksspiel in Deutschland bislang so wenig reguliert wurde, gab es auch keine richtige Anlaufstelle, die sich um den Verbraucherschutz und die Beschwerden von Kunden kümmerte. Das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern, allerdings kennt man die Details noch nicht genau. Bislang wissen deutsche Spieler nicht genau, was sie machen sollen, wenn ein Glücksspielanbieter kein Geld auszahlt. Es ist zwar rein theoretisch immer der Zivilprozess möglich, doch bei Anbietern mit Sitz im Ausland sind die Rechte sehr schwer durchzusetzen. Wettshops tendieren manchmal dazu, einen Wettgewinn zu stornieren. Dem hat der deutsche Staat bislang untätig zugesehen. Nun soll eine eigenständige Behörde für den Glücksspielsspielbereich aufgebaut werden, wie es sie beispielsweise in Malta gibt. Doch der deutsche Gesetzgeber hat damit keine Erfahrung, die bisherigen Planungen wirken auch nicht sehr vielversprechend. Mit solchen Beschwerden umzugehen und Streits zu schlichten gilt als schwierig: Auch mit der Arbeit der maltesischen Schlichtungsstelle sind nicht immer alle Akteure glücklich. Es könnte also passieren, dass die in Deutschland einzuführende Schlichtungsstelle in den nächsten Jahren zunächst einen überforderten Eindruck macht.
Besteuerung von Glücksspiel
Seit 2012 erhebt der deutsche Staat auf Sportwetten eine Steuer von fünf Prozent. Bei den Online-Spielotheken dürfte er künftig 18 Prozent vom Bruttogewinn einbehalten. Die Anbieter könnten daraufhin die Einsätze erhöhen und die Ausschüttungsquoten absenken.
Verbot von Online-Lotto
Online-Lotto wird künftig verboten. Dieses funktioniert anders als das staatliche Lotto: Die Anbieter schließen Wetten auf den Ausgang der Lotterie ab. Die Quoten sind praktisch dieselben wie bei der echten Lotterie, zumindest ähneln sie diesen sehr stark. Wegen der möglichen hohen Gewinne sichern sich die Veranstalter per Rückversicherung ab. Doch der deutsche Staat glaubt wohl nicht recht an diese Versicherung und verbietet daher offenkundig ab sofort das Online-Lotto.
Wem nutzt der Glücksspielvertrag 2021?
Vermutlich hat sich die Politik bei der Ausarbeitung des Glücksspielvertrages den Intentionen deutscher Anbieter gebeugt, die hierfür starkes Lobbying betreiben. Zwar soll das neue Gesetz vorgeblich Spieler und Minderjährige schützen sowie dem Kampf gegen die Spielsucht dienen. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass es in dieser Branche um Milliarden, um sehr hohe Steuereinnahmen und um Arbeitsplätze geht. Der neue Glücksspielstaatsvertrag berücksichigt daher offenkundig die Interessen der deutschen Lotterien und von deutschen Anbietern wie Gauselmann und Novomatic. Nicht zuletzt profitieren die Parteien vom Glücksspiel. Lotto unterstützt alljährlich mit Millionenbeträgen alle etablierten deutschen Parteien bis auf (bislang) die AfD, also die CDU, die SPD, die FDP, die Grünen und die Linkspartei. Bei den 16 Landeslotterien finden vormals „verdiente“ Politiker regelmäßig neue, gut bezahlte Jobs nach ihrer aktiven politischen Karriere. Gauselmann beschäftigt in Deutschland mehrere Zehntausend Arbeitnehmer. Um diese Arbeitsplätze nicht zu gefährden, wurde offenbar das Online-Glücksspiel ein wenig gestutzt. Auch ist Gauselmann Anteilseigner von zehn deutschen Spielbanken. Da nun die Online-Tischspiele verboten werden, erlangen die Spielbanken vor Ort einen erheblichen Vorteil. Auch Novomatic hält solche Beteiligungen. Die Online-Plattformen betreiben allerdings ihrerseits ebenfalls viel Lobbyarbeit. Geld haben sie genug verdient, also beeinflussen sie genauso die Politik. Im Falle des neuen Glücksspielvertrages hat dieser Einfluss aber offenbar nicht gereicht.
Gab es mit Paul Gauselmann Hintergrundgespräche?
Die MGA-lizenzierten Anbieter hatten sich schon länger auf Änderungen durch einen neuen Glücksspielstaatsvertrag eingestellt. Eigentlich sollten diese erst ab Sommer 2021 in Kraft treten, doch nun wurde die Übergangsregelung ab dem 15.10.2020 beschlossen. Gleichzeitig traf der Lockdown wegen der Corona-Krise auch die Spielbanken und Spielotheken sehr hart, sie verloren viele Einnahmen. Die beiden Betreiber Gauselmann (Merkur) und Novoline hatten sich schon vorher aus dem Online-Glücksspiel in Deutschland zurückgezogen, sie wollten eine bundesweite Regulierung abwarten. Corona erwischte sie nun kalt, daher musste eine schnelle Übergangsregelung her. Für diese gab es nur einen sehr kurzen Vorlauf, er betrug wenige Wochen. Diese Übergangsregelung hemmt das Online-Glücksspiel und bevorzugt dafür die stationären Spielbanken, wie wir hinreichend darstellen konnten. In der Szene wird nun gemunkelt, dass diese schnell in Kraft gesetzte Regelung bewusst durch Gauselmann und Co. forciert wurde, um die negativen Corona-Folgen abzufedern. Hierfür könnten Hintergrundgespräche zwischen Gauselmann und CDU-Politikern gelaufen sein. Diese Liaison hat wohl eine sehr lange Tradition. Vor allem erlangten Merkur und Novoline wichtige Informationen im Vorfeld der Regelung, die sie für sich nutzen konnten. Es gibt sogar das Gerücht, dass Gauselmann selbst die schnelle Übergangsregelung initiiert hat. Er kann nun wegen der entstandenen Rechtssicherheit wieder ins Onlinegeschäft einsteigen und profitiert gleichzeitig von Vorteilen für seine stationären Spielbanken.
Werden sich alle Anbieter an die neue Rechtslage halten?
Die seriösen Anbieter hofften schon länger auf mehr Rechtssicherheit in Deutschland. Zwar hatten sie auch mit den bisherigen Regelungen nicht viel zu befürchten: Es gab zwar Rechtsstreitigkeiten, doch meistens entschieden deutsche Gerichte zugunsten der Betreiber, weil es eben keine bundesweite deutsche Regulierung gab und man daher Freizügigkeit offenbar gewähren musste. Doch echte Rechtssicherheit ist immer ein Vorteil. Daher ist zu erwarten, dass sich etablierte Betreiber an die nun geltenden Regelungen vollständig halten werden. Wichtig ist dennoch der Punkt, dass die Übergangsregelung ab dem 15. Oktober 2020 nur eine Duldung darstellt. Die wirkliche Regulierung greift erst ab dem Sommer 2021. Die deutschen Behörden und Gerichte werden aber genau beobachten, wer sich an die Regeln ab Mitte Oktober 2020 hält. Wer dagegen verstößt, dürfte ab dem Sommer 2021 wohl keine deutsche Lizenz erhalten. Die momentane juristische Situation ist natürlich ein Schwebezustand, der auch zu Klagen von Betreibern führen könnte. Einige von ihnen könnten nämlich weiter dem EU-Recht folgen. Wenn man ihnen daraufhin im Sommer 2021 keine Lizenz erteilt, könnten sie die Lizenzvergabe insgesamt (an die anderen Betreiber) mit juristischen Mitteln stoppen wollen. Umgekehrt könnten Betreiber, die zwischen Oktober 2020 und Sommer 2021 an die Regeln halten, die Lizenzvergabe an rebellische Unternehmen im Sommer 2021 stoppen wollen.
Werden nach der Vergabe von deutschen Lizenzen noch internationale Anbieter in Deutschland tätig sein?
Die Position von internationalen Anbietern nach einer deutschen Lizenzvergabe ist schwer zu prognostizieren. Immerhin gewähren Lizenzen aus Gibraltar, Malta und Curacao den Anbietern und Spielern deutlich größere Freiheiten. Es könnte also sein, dass solche Anbieter dann deutsche Spieler nicht mehr akzeptieren. Sie müssten ihnen nach dann geltendem Recht bestimmte Spielmöglichkeiten verwehren.
Fazit: Wie gut oder schlecht ist der neue Glücksspielstaatsvertrag?
Er bringt den einen, entscheidenden Vorteil, dass die Anbieter künftig vollkommen legal Spielern mit Wohnsitz in Deutschland ihren Service anbieten können. Das dürfte möglicherweise zu mehr Anbietern und damit auch mehr Wettbewerb führen. Vielleicht gibt es bessere Boni. Einzelne Regelungen wie die Sperrkartei und der Panikknopf sind auch durchaus zu begrüßen. Andere Regelungen wie das Verbot der progressiven Jackpot-Slots, der Tischspiele und der höheren Einsätze bei Spins müssen als nachteilig gelten. Der neue Glücksspielstaatsvertrag hinterlässt daher eher gemischte Gefühle. Möglicherweise führt er sogar dazu, dass Spieler auf den Schwarzmarkt ausweichen. Das wiederum wäre für den Spielerschutz sehr schlecht: Das neue Gesetz würde damit das Gegenteil seiner eigentlichen Intentionen bewirken.